Ernährungsqualität spielt bei der Bewertung der Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle
Wie erzeugt man ein optimales Lebensmittelprodukt, das hochwertig für die Ernährung, dabei nachhaltig und dazu noch vom Preis her erschwinglich ist? Diese Frage steht im Mittelpunkt der Forschungsarbeit von Dr. Peter de Jong, Dozent an der Van Hall Larenstein Universität in den Niederlanden. Für die gesunde Ernährung sind nicht nur die Inhaltsstoffe eines Produktes, sondern auch deren tatsächliche Bioverfügbarkeit von Bedeutung. Die Nachhaltigkeit von Lebensmitteln wird in Form des CO2-Fußabdrucks verglichen. Die Aussagekraft dieses Indikators ist jedoch sehr begrenzt, denn die Bewertungen beziehen sich lediglich auf die CO2-Emissionen je Kilogramm des Produktes. Bei tierischen Produkten zeigt sich meist ein höherer CO2-Fußabdruck als bei pflanzlichen Produkten, daher wird angenommen, tierische Lebensmittel seien schlechter für das Klima. Unbeachtet bleibt die Tatsache, dass diese Nahrungsmittel meist einen deutlich höheren Nährwert haben.
Kalkuliert man die Emissionen nur auf Basis der Gewichtseinheit, schneiden Nahrungsmittel mit hohem Wasser- und niedrigem Nährstoffgehalt immer besser ab. Beispielsweise hat Mineralwasser einen sehr geringen CO2-Fußabdruck, die enthaltenen Nährstoffe sind aber ebenso gering. Milch hat einen vergleichsweise hohen CO2-Fußabdruck, leistet jedoch aufgrund der hohen Gehalte an wertvollem Protein und anderen Nährstoffen einen Beitrag zur Deckung unseres Nährstoffbedarfs. Deshalb macht ein Vergleich der Emissionen beider Produkte pro Kilogramm keinen Sinn.
Wie könnte also eine faire Bewertung der Nachhaltigkeit bei Nahrungsmitteln aussehen? Für eine gesunde Ernährung brauchen wir eine Kombination aus verschiedenen Nährstoffen. Die sogenannten Nutrient Rich Food (NRF)-Bewertungen treffen eine Aussage über den Beitrag eines Lebensmittels zum Tagesbedarf des Menschen. Von nährstoffreichen Lebensmitteln brauchen wir zur Deckung unseres Tagesbedarfs in der Summe weniger als von nährstoffarmen Lebensmitteln. Im Endeffekt führt dies zu einem geringeren CO2-Fußabdruck unserer Ernährung! Eine Kombination des CO2-Fußabdrucks mit den NRF-Bewertungen von Lebensmitteln würde den Verbrauchern eine faire Orientierung zur Nachhaltigkeit und dem Nutzen eines Lebensmittels bieten.
Nun könnte so mancher Konsument in Europa sagen, es wäre kein Problem, weniger nährstoffreich zu essen, da viele Menschen ohnehin übergewichtig seien. Doch das ist zu einfach gedacht. In den Industriestaaten gibt es keine Knappheit an Kalorien, vielmehr steht die ausreichende Versorgung mit Proteinen, unentbehrlichen Aminosäuren, Vitaminen und Spurenelementen im Focus. Weiterhin ist das Proteinproblem im globalen Kontext noch ausgeprägter. UN-Daten zeigen, dass weltweit jedes Jahr 3 Millionen Tonnen Eiweiß mehr produziert werden müssten, um den wachsenden Bedarf zu decken. Wenn wir unsere Ernährung nachhaltiger gestalten wollen, geht es also vor allem um die Qualität unserer Lebensmittel. Dabei spielt auch die Verdaulichkeit bzw. Bioverfügbarkeit der Nährstoffe eine Rolle. Pflanzliche Proteine sind oft weniger verdaulich als diejenigen in tierischen Lebensmitteln. Von den pflanzlichen Proteinen müsste also für eine ausreichende Versorgung eine entsprechend größere Menge gegessen werden, was wiederrum Auswirkungen auf den CO2-Fußabdruck der Ernährung hat.